Der Vorsorgeauftrag: Das richtige Werkzeug für eine Zukunft in guten Händen.
Matteo Suckow
Die Gesundheitskrise hat jeden von uns gelehrt, dass die Zukunft Entwicklungen bereithalten kann, die wir in ruhigen Zeiten unbewusst nicht in Betracht ziehen. In dieser Perspektive ist es entscheidend, vorbereitet zu sein und die Gegenwart zu nutzen, um unangenehme Überraschungen, die die Zukunft leider manchmal mit sich bringt, zu antizipieren. Der Vorsorgeauftrag ist ein einfaches und dennoch wirksames Mittel, um sicherzustellen, dass unsere Interessen in einer heiklen Phase unserer Existenz geschützt werden.
Sinn und Zweck des Vorsorgeauftrags
Der Vorsorgeauftrag ist ein im Schweizerischen Zivilgesetzbuch (ZGB) vorgesehenes Instrument, das es jeder volljährigen Person ermöglicht, eine Vertrauensperson damit zu betrauen, im Falle des Verlustes ihrer Urteilsfähigkeit für sie zu handeln.
Wieso ein Vorsorgeauftrag?
Der Verlust der Urteilsfähigkeit stellt einen Moment grosser Unsicherheit dar, in dem die Betroffenen besonderen Schutz benötigen. Das Gesetz trägt diesem Bedürfnis Rechnung, indem es einer Verwaltungsbehörde – der Erwachsenenschutzbehörde (im Tessin den sog. «Autorità regionali di protezione») – das Recht und die Pflicht einräumt, einzuschreiten, wenn einer Person ihre Urteilsfähigkeit verliert. Dieser hoheitliche Eingriff ist nicht nur potenziell destabilisierend für die Familienmitglieder, sondern ermöglicht es auch nicht immer, die Interessen derjenigen, die geschützt werden sollten, angemessen zu wahren. Der Vorsorgeauftrag soll genau dieses Problem entschärfen: Durch die Ernennung einer beauftragten Person (d.h. einer Person, die an die Stelle der urteilsunfähigen Person tritt) und die Erteilung präziser Weisungen ermöglicht der Vorsorgeauftrag der betroffenen Person, ihr Selbstbestimmungsrecht zu wahren und die Einmischung des Staates in private Angelegenheiten zu begrenzen, indem sie ihre Wünsche vorwegnimmt.
Die der beauftragten Person zuweisbaren Aufgaben
Die Aufgaben, die der beauftragten Person übertragen werden, können in Art und Umfang sehr unterschiedlich sein. In der Regel handelt es sich bei den übertragenen Aufgaben um die Personensorge (bei medizinischen Entscheidungen usw.), die Vermögenssorge (z.B. im Falle von Investitionen und Hypotheken) und die Vertretung im Rechtsverkehr (wie z.B. im Rahmen von Mietverträgen usw.). Der Handlungsspielraum der beauftragten Person kann sich auf einen dieser Bereiche beschränken oder sämtliche umfassen. Die Einzelheiten werden von der auftraggebenden Person im Dokument festgelegt, in dem der Auftrag erteilt wird. Bei ärztlichen Massnahmen ist zu beachten, dass, wenn es eine Patientenverfügung gibt, Letztere Vorrang vor dem Vorsorgeauftrag hat.
Wer kann zur beauftragten Person ernannt werden?
Als beauftragte Person kann eine natürliche Person (z.B. eine Tochter), eine juristische Person (z.B. eine Organisation wie Pro Senectute) oder eine Mehrzahl von Personen (Art. 360 ZGB) ernannt werden. Im letzteren Fall ist es denkbar, dass ein Verwandter und eine fachkundige Vertrauensperson (z.B. ein Treuhänder oder ein Arzt) gemeinsam ernannt werden, an welche Entscheidungen über den spezifischen Zuständigkeitsbereich delegiert werden.
Es ist ratsam, ersatzbeauftragte Personen vorzusehen oder Vorkehrungen zu treffen, um den Fall zu regeln, dass die beauftragte Person im entscheidenden Moment nicht in der Lage ist, die Aufgabe zu erfüllen (aufgrund einer Abwesenheit oder aus anderen Gründen). Da die beauftragte Person nicht verpflichtet ist, den Vorsorgeauftrag anzunehmen und ihn jederzeit kündigen kann (Art. 363 Abs. 3 und Art. 367 ZGB), ist es ausserdem zu empfehlen, im Voraus mit der beauftragten Person Kontakt aufzunehmen, um ihre Bereitschaft zur Übernahme der vorgesehenen Rolle zu überprüfen.
Errichtung und Widerruf des Vorsorgeauftrags
Der Vorsorgeauftrag muss in einer der beiden gesetzlich zulässigen Formen ausgestellt werden (Art. 361 ZGB), d.h.:
durch eigenhändige Errichtung (vollständig von eigener Hand abgefasst, inkl. des Datums und der Unterschrift);
mittels öffentlicher Beurkundung bzw. notariellen Patents (beide Varianten erfordern die Mitwirkung eines Notars).
Für die Aufbewahrung der Urkunde ist die auftraggebende Person bzw. der Notar verantwortlich. Das Vorhandensein eines Vorsorgeauftrags und der Ort, an dem er hinterlegt ist, kann im informatisierten Personenstandsregister (Infostar) eingetragen werden. Der Widerruf des Vorsorgeauftrags ist jederzeit möglich, entweder in einer der Formen, die für seine Errichtung vorgeschrieben sind oder durch die Vernichtung des Dokuments (Art. 362 ZGB). Schliesslich erlischt der Vorsorgeauftrag von Gesetzes wegen, wenn die auftraggebende Person ihre Urteilsfähigkeit wiedererlangt (Art. 369 ZGB).
Was muss sonst noch beachtet werden?
Damit der Vorsorgeauftrag zu einem wirksamen Instrument der Selbstbestimmung wird, muss er hinreichend konkrete Bestimmungen enthalten, um das Handeln der beauftragten Person zu lenken und zu begrenzen. Gleichzeitig muss ein übermässiger Detaillierungsgrad vermieden werden, der im schlimmsten Fall zu einer Pattsituation führen und ein unerwünschtes Eingreifen der Erwachsenenschutzbehörde erzwingen könnte. Wenn Sie weitere Fragen haben, zögern Sie nicht, sich mit uns in Verbindung zu setzen. Wir beraten und unterstützen Sie gerne bei der Errichtung eines auf Ihre Bedürfnisse zugeschnittenen Vorsorgeauftrags.