Unser Team vertritt erfolgreich ein US-amerikanisches multinationales Unternehmen vor dem Tessiner Obergericht.


Stefano Lappe
Orlando Bianchetti
Alessandro Vanini


 

Richtungsweisendes Urteil betreffend die Wiedereröffnung eines Konkurses nach Entdeckung neuer, der Konkursmasse zuzuordnenden Vermögenswerte


Unser Mandant, ein US-amerikanisches Logistik-, Transport- und Supply Chain-Unternehmen, ist Gläubiger einer im Bezirk Lugano ansässige Gesellschaft, über die im Oktober 2020 der Konkurs eröffnet wurde.

Ende 2020, wenige Monate nach der Konkurseröffnung, wurde das Verfahren in Anwendung von Art. 230 SchKG mangels Aktiven eingestellt. Erst danach wurde ein zur Konkursmasse gehörendes Aktivum bekannt: Eine Forderung der konkursiten Gesellschaft gegen ein vietnamesisches Unternehmen in Höhe von über USD 9 Mio., welche aus der Nichtlieferung einer grossen Bestellung von Nitrilhandschuhen stammte.

Sowohl das Konkursamt als auch das Bezirksgericht Lugano lehnten jedoch das Gesuch unserer Mandantin um Wiedereröffnung des Konkursverfahrens ab. Dies veranlasste sie dazu, den Fall vor die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Tessiner Obergerichts weiterzuziehen.

Das zweitinstanzliche Gericht erinnerte zunächst daran, dass die Wiedereröffnung eines mangels Aktiven eingestellten Konkursverfahrens nach der Entdeckung neuer Vermögenswerte im Gesetz zwar nicht vorgesehen sei, deren Zulässigkeit jedoch von Rechtsprechung und Lehre anerkannt werde. Dabei seien die Bestimmungen des «Nachkonkurses» gemäss Art. 269 SchKG analog anzuwenden (Art. 269 SchKG kommt für Vermögensstücke zur Anwendung, die erst nach Schluss des Konkursverfahrens entdeckt werden).

Weiter führte das Obergericht aus, dass der Gesuchsteller das Vorhandensein neuer, zur Konkursmasse gehörenden Vermögenswerte glaubhaft zu machen habe. Die entdeckten Aktiven müssen dabei mindestens die Kosten des wiederzueröffnenden Konkursverfahrens decken. Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer schloss sich dann der zentralen Argumentation unserer Anwälte an, wonach ein Vermögenswert "neu" sei, wenn er weder der Konkursverwaltung noch der Mehrheit der Gläubiger zum Zeitpunkt der Einstellung des Konkursverfahrens bekannt war oder hätte bekannt sein müssen. In diesem Sinne – fügten die zweitinstanzlichen Richter hinzu – sei ein Vermögenswert insbesondere dann bekannt, wenn er ins Inventar aufgenommen wurde, wenn seine Existenz und Zugehörigkeit zur Konkursmasse bekannt war oder wenn er sich zwar aus der Einvernahme des Gemeinschuldners ergibt, seine Nichtaufnahme ins Inventar aber als stillschweigender Verzicht auf seine Verwertung ausgelegt werden darf.

In Bezug auf die Kernfrage – nämlich diejenige der Erforderlichkeit der kumulativen Kenntnis der Konkursverwaltung und der Mehrheit der Gläubiger – kam letztlich die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer zum Schluss, dass diese doppelte Bedingung im vorliegenden Fall nicht erfüllt sei: Erstens habe das erstinstanzliche Gericht nicht geprüft, ob das Konkursamt zum Zeitpunkt der Konkurseinstellung Kenntnis von der Forderung der konkursiten Gesellschaft gegen das vietnamesischen Unternehmen hatte (eine Tatsache, welche sowieso aus den Unterlagen nicht hervorgeht). Zweitens habe es nicht geprüft, ob die Forderung auch der Mehrheit der anderen Gläubiger bekannt war. Das erstinstanzliche Urteil beschränkte sich lediglich auf die Feststellung, dass der Gesuchsteller (und Konkursgläubiger) zum Zeitpunkt der Einstellung Ende 2020 wahrscheinlich bereits Kenntnis von der verwertbaren Forderung hatte. Dieser Umstand reiche allein nicht, um die Wiedereröffnung des Konkurses zu verweigern. Das angefochtene Urteil weise daher einen Rechtsfehler auf; die Beschwerde sei somit gutzuheissen und der Konkurs wieder zu eröffnen. Das Urteil, gegen welches keine Beschwerde ans Bundesgericht eingereicht wurde, ist inzwischen rechtskräftig geworden.


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